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Der Rosenkranz - veraltetes Relikt oder Rettungsschnur?

Rosenkranz
Datum:
30. Sept. 2024
Von:
Dr. Barbara Geis

Im Oktober feiert die Kirche den Rosenkranzmonat.

Haben Sie noch einen Rosenkranz? Vielleicht denken Sie: monoton, langweilig, immer die gleichen Worte, das passt nicht mehr in unsere moderne Zeit. Eine Perlenschnur zum Zählen wiederholter Gebete findet sich in fast allen Religionen. Aber was macht den Wert für unseren Glauben aus?

Zwei Geschichten:
In einer Rosenkranzausstellung befindet sich ein unansehnlicher Rosenkranz. Die Perlen waren aus Brotkrumen und Speichel geformt, die Schnur aus Stofffäden, die Häftlinge im KZ aus ihrer Kleidung herausgetrennt hatten. Das Rosenkranzgebet war für die Menschen in der Hölle des Konzen-trationslagers ihr letzter Zufluchtsort gewesen.

Auch in unserem Leben kann es Situationen geben, in denen uns der Boden unter den Füßen weggerissen wird, in denen man nicht mehr weiß, wie es weitergehen soll, da fehlen einfach die Worte. Das Gebet des Rosenkranzes kann dann vielleicht wie eine Rettungsschnur sein, an der wir uns festhalten können.

Die zweite Geschichte:
In der Zeit der religiösen Verfolgung in der Sowjetunion hielt eine Gruppe von gläubigen Studentinnen im Untergrund fest zusammen. Als eine von ihnen verhaftet wurde, nahm sie ihren Rosenkranz und gab jeder ihrer Mitstudentinnen eine Perle. Sie selbst behielt das Kreuz, denn zu Christus wollte sie sich trotz Unterdrückung weiter bekennen, und ihre Mitstudentinnen sollten sie im Gebet dabei begleiten. Aber sie hielt den Repressalien nicht stand. Als ihre Mitstreiterinnen davon hörten, trafen sie sich an einem geheimen Ort, knüpften den zerteilten Rosenkranz wieder zusammen und ließen ihn auf Schleichwegen zu ihr ins Gefängnis bringen. Der zerteilte Rosenkranz wurde zum Code, wir denken aneinander und bleiben im Gebet miteinander verbunden.

Der Rosenkranz, ein veraltetes Relikt? Nein, er kann zum Gebet werden, in das Menschen, denen wir verbunden sind, fürbittend hineingeflochten werden. Er wird zum Zeichen, dass unsere oft heillose Geschichte von der Heilsgeschichte Gottes umfangen ist

Dr. Barbara Geis