15. August: „Mariä Himmelfahrt“ – ein nachdenkenswertes Fest

Am 15. August feiert die Kirche das Fest „Mariä Himmelfahrt“. Mit richtigem Namen heißt das Fest „Aufnahme Mariens in den Himmel“. Hier wird deutlich, dass nicht Maria die Handelnde ist, sondern Gott. Schon früh hat die Ostkirche nach dem Konzil von Ephesus (431n.Chr.) das Fest gefeiert, auch wenn sich kein biblisches Zeugnis finden lässt. Einzug in die Westkirche fand es im 7. Jahrhundert. Erst 1950 wurde es durch Papst Pius XII. zur offiziellen Lehrmeinung der Kirche erhoben.
Nun mag man sich als aufgeklärter Christ fragen, was mit der Aufnahme Mariens mit Leib und Seele in den Himmel gemeint sein kann? Leib und Seele bilden die Einheit des Menschen. Man sagt auch: „da ist jemand mit Leib und Seele bei der Sache.“ Das heißt, er ist ganz und gar dabei, nichts lenkt ihn ab. Übertragen auf die Aufnahme Mariens in den Himmel bedeutet das, Maria ist ganz und gar bei Gott angekommen. Es gibt eine Kontinuität zwischen der irdischen Maria und der, die bei Gott vollendet ist. Und diese Kontinuität entzieht sich unserem materiellen Raum- und Zeitdenken. Die Ewigkeit bei Gott ist mehr, als wir mit unserem Verstand erfassen können. Das Dogma von 1950 will nichts anderes sagen, als dass diese historische Frau und Mutter Jesu in vollkommener Weise in Gott geborgen und zeitlos vollendet ist.
Wenn die Kirche dieses Fest feiert, möchte sie auch über das Fest hinaus auf uns hinweisen auf das, was wir alle erhoffen, wenn wir im Glaubensbekenntnis beten: „Wir erwarten die Auferstehung der Toten und das Leben der kommenden Welt.“ An Maria können wir ablesen, was Gott mit uns vor hat. Er hat Interesse an unserem ganzen Leben. Er möchte uns ganz, nicht nur in Teilen unserer Biographie. Er möchte uns mit den Dingen, die gelungen sind und auch mit denen, die schief gelaufen, auf die wir nicht stolz sind. Er möchte uns mit unserem Stoffwechsel unterworfenen Körper, der alt und gebrechlich wird. Er möchte uns seine Nähe schenken, ganz und gar für immer, weil Er uns liebt.
Maria, das Mädchen aus Nazareth, ist unsere Hoffnung und zeigt uns das Ziel, auf das wir hin leben, bei Gott mit Leib und Seele, schon im Hier und Jetzt.
Dr. Barbara Geis