Stille Nacht, Heilige Nacht
„Stille Nacht, heilige Nacht“ so singen wir am Heiligen Abend. Aber was macht diese Nacht zur „stillen und heiligen Nacht“?
Das Fest, das wir feiern, ist ein Fest der Gegenwart. Wir feiern es in der Nacht. Ihre Dunkelheit wird zum Anfang eines ewigen Beginns, der alle Verwirklichung schon in sich trägt. Sie wird zum Ort, in dem Gott in unser irdisches Dasein kommt. Er fängt da an, wo wir alle angefangen haben als Kind, wehrlos und klein. Er teilt in Jesus unser Los, unser Leben, unseren Tod und nimmt uns mit in seine unendliche Liebe, die unaufhebbar ist. So wird die Weihnacht mehr als eine gewöhnliche Nacht, sie wird zur „heiligen Nacht“. Dieses geheimnisvolle Geschenk dürfen wir feiern.
Aber wie kann es gefeiert werden, damit es nicht nur zu einem bloßen Feiertag verkommt? Es muss still in uns werden. In der Stille ahnen wir einen inneren Ort in uns, den Ort unserer Alltagssorgen, unserer Lebensenttäuschung, unserer Sehnsucht. Dort hinein will Gott geboren werden. Nur wer ruhig und still wird, kann diese leise Ankunft der Liebe erahnen.
„Wenn wir sagen: Es ist Weihnacht, dann sagen wir: Gott hat sein letztes, sein tiefstes, sein schönstes Wort im fleischgewordenen Wort in die Welt hineingesagt, ein Wort, das nicht mehr rückgängig gemacht werden kann, weil es Gottes endgültige Tat, weil es Gott selbst in der Welt ist. Und dieses Wort heißt: Ich liebe dich, du Welt und du Mensch.“
(Karl Rahner, Der betende Christ, aus: Sämtliche Werke, Band 7, Freiburg 2013).
Dr. Barbara Geis