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Zwei Pfarreien, ein Pastoraler Raum

Bistumskarte
Datum:
8. Aug. 2025
Von:
Peter Pappert

Zwischen Horbach und Preuswald entsteht der Pastorale Raum Aachen West/Nordwest. Die meisten der hiesigen Katholiken merken davon noch nichts, aber die Grundstruktur liegt vor.

Gebiet: Anfang 2026 werden die derzeit noch selbstständigen Pfarreien St. Heinrich (Horbach), St. Konrad (Vaalserquartier), St. Laurentius (Laurensberg), St. Martinus (Richterich), St. Peter (Orsbach) und St. Sebastian (Hörn) zu einer Pfarrei fusionieren, die Maria Magdalena heißen wird. Diese neue Pfarrei wird dann zusammen mit der Pfarrei St. Jakob, zu der bereits heute die Gemeinden Heilig Geist (Hohenstaufenallee), St. Hubertus (Hanbruch) und Maria im Tann (Preuswald) gehören, einen Pastoralen Raum bilden.

Team: Dass all diese Pfarreien nicht planlos zusammenwuchern, sondern möglichst einvernehmlich und harmonisch zusammenwachsen, dafür sorgt seit einem halben Jahr eine sogenannte Pilotgruppe aus Haupt- und Ehrenamtlichen von mehreren der genannten Pfarreien. Ihr gehört Andreas Mauritz an, der seit vielen Jahren Pfarrer von St. Jakob ist. Er wird Leiter des künftigen Pastoralen Raumes. Bistumsweit wird es 44 Pastorale Räume geben. Sie sind nach dem Konzept von Bischof Helmut Dieser künftig „Herzstück der Seelsorge“ und die „wesentliche pastorale Steuerungseinheit“.

Information: Vor den Sommerferien berichteten Mitglieder der Pilotgruppe auf zwei Infoveranstaltungen über den Stand der Dinge. Der Hauptgrund für die einschneidende Strukturreform ist offensichtlich: Die Zahlen der Kirchenmitglieder, der Priester und pastoralen Mitarbeiter gehen dramatisch zurück. Michael Strack sieht in dem neuen Konzept „eine gute Chance, dass Ehrenamtliche die Zukunft ihrer Kirche in die Hand nehmen“. Mauritz will die Skeptiker erreichen und Zuversicht verbreiten. Er erwartet „viel Verantwortung von Ehrenamtlichen“ und setzt auf „synodalen Leitungsstil“. Was Synodalität in der Realität bedeutet, ist in der katholischen Kirche allerdings von Rom über Rio bis Orsbach höchst umstritten.

Leitbild: Strack weiß um weit verbreitete Skepsis und Zurückhaltung. Aber er will motivieren. Gemäß dem Leitbild der Pilotgruppe ruft er dazu auf, sich von Widerständen und Rückschlägen nicht entmutigen zu lassen. Er setzt auf „Sinn und Wirkung unseres gemeinsamen Tuns“. Bei allen unterschiedlichen Interessen und Erwartungen fordert das Leitbild Orientierung am Evangelium, Offenheit, Vielfalt und Teilhabe aller – „unabhängig von Herkunft, Lebenssituation und Glaubensgeschichte“.

Leitung und Rat: Marion Grande und Mauritz weisen auf das künftige Leitungsteam hin: Angehören werden ihm der Pfarrer, die hauptamtliche Verwaltungsleiterin sowie zwei Haupt- und zwei Ehrenamtliche des gesamten Pastoralen Raumes. Parität von Haupt- und Ehrenamt wird es dort, wie von den meisten engagierten Laien gefordert, also nicht geben. Die beiden Ehrenamtlichen im Leitungsteam benennt der von allen Katholiken gewählte Rat des Pastoralen Raumes. Ihm gehören neben dem Pfarrer und optional einem weiteren Mitglied der Leitung zwölf Ehrenamtliche an (sechs aus St. Jakob und sechs aus Maria Magdalena, alle nach Listenwahl gewählt). Die beiden (wie bisher von der Basis gewählten) Kirchenvorstände der zwei Pfarreien bilden einen Kirchengemeindeverband, der für alle finanziellen Angelegenheiten des Pastoralen Raumes zuständig ist.

Pfarreien: Mauritz leitet die Pfarrei St. Jakob als Pfarrer. In der Pfarrei Maria Magdalena soll er als Moderator der Seelsorge einem Leitungsteam angehören, das von allen Pfarrangehörigen für vier Jahre gewählt und vom Bischof beauftragt wird. Ein solches Leitungsmodell sieht das Kirchenrecht ausdrücklich vor; die Bistumsspitze steht dem aber skeptisch gegenüber und bevorzugt andere Leitungsformen. Die Pilotgruppe, der auch Elisabeth Auchter-Mainz, Gerlinde Lohmann und Thilo Wagner angehören, zeigt sich dennoch zuversichtlich, dass diese besondere Pfarreileitung für Maria Magdalena akzeptiert wird. Nach Aussage von Regionalvikar Frank Hendriks hat die Bistumsleitung das auch fest zugesagt.

Zwiespalt: Pastoraler Raum und Pfarrei – welche Ebene letztlich die entscheidende ist, bleibt vorerst offen. Die Bistumsspitze setzt eindeutig auf den Pastoralen Raum, zumal sie sowieso an dem Ziel festhält, dass nach einigen Jahren in jedem Pastoralen Raum nur noch eine Pfarrei existiert. Geld und Personal werden zudem ab 2026 nur noch an die Pastoralen Räume gegeben und müssen dort auf die Pfarreien verteilt werden. Die meisten derjenigen, die sich bisher und künftig im Haupt- oder Ehrenamt an der Basis engagieren, gehen jedoch davon aus, dass die Nähe zu den Gläubigen maßgeblich ist; und die sei nur auf Pfarrei- und Gemeindeebene gegeben und könne nur dort zu Mitarbeit motivieren.

Ehrenamt: Grande, Mauritz und Strack setzen darauf, dass die künftige Leitung des Pastoralen Raumes gut und vertrauensvoll mit dem Rat des Pastoralen Raumes und mit der Pfarreileitung zusammenarbeitet: „Das muss gelingen, sonst haben wir keine Chance. Wir sind existenziell auf ein gutes Miteinander angewiesen“, sagt Strack. Für diejenigen, die auf den verschiedenen Ebenen – Pfarrei, Pastoraler Raum, Bistum – Verantwortung tragen, wird es also darauf ankommen, Ehrenamtliche bei Laune zu halten. Das wird nur gelingen, wenn Frauen und Männer, die sich in ihrer Freizeit für ihre Kirche engagieren, nicht nur gefragt und gehört werden, sondern entscheiden und tatsächlich etwas bewegen können.

Peter Pappert